Sven Regener: Magical Mystery oder die Rückkehr des Karl Schmidt
Früher war es Rock´n´Roll - Heute nimmt da doch keiner mehr Drogen. Heute sind das doch alles Vegetarianer und so. Nach dem Konzert geht’s ohne Party in den Tour-Bus und weiter zur nächsten Stadt. Es wird endlich Zeit dass da mal wieder einer kommt und das Ding, das Herz der Sache, mal wieder das Ding mit der Liebe macht. Obwohl die „Magical Mystery“ Tour ging schon in den späten Sechzigern bei den Beatles in die Hose.
Ein Haufen DJ´s und Techno-Freaks nehmen die Herausforderung an: am Steuer der Chaoten Truppe Karl Schmidt.
Mit jeder Menge Drogen und einer unbändigen Partylust im Bauch wagen die Topacts der Labels „BummBumm“ und „Kratzbombe“ das Unmögliche. Einer aber muss da schon nüchtern bleiben. Aber eben einer dem man auch vertraut und der dann auch gleich mal auf alle aufpasst. Gut das Karl, der beste Freund von Herrn Lehmann, gerade total clean ist. Der Klappsmühle entkommen lebt er in einer Drogen-WG mit Sozialberater in Hamburg Altona. Er jobbt als Hausmeistergehilfe und seine Ausbrüche aus der geregelten Welt beschränken sich auf heimliche Besuche im Eiscafé „La Romantica“. Und plötzlich, genau da, taucht die Vergangenheit in Form von Raimund Schulte wieder auf. Raimund, der gemeinsam mit Ferdi, damals mit Karl eine Band hatte und dann den „BummBumm-Club“ und dann das „BummBumm-Label“ und das alles der volle Erfolg und das ganze Geld und schon hat er auch Karls Telefonnummer. Einige Tage später läutet das Telefon in der Drogen-WG und da ist es auch mal gut dass Karl gerade Urlaub hat.
Die Sause ist nicht mehr zu stoppen. Schon hat alles eine eigene Dynamik. Die Sprache gibt den Speed der Erzählung vor. Noch schnell Suppe und dann sind alle am Start durch eine verrückte Tour quer durch Deutschland. Die eigenen Dämonen im Nacken und keine Ahnung was die Zukunft bringen soll hält sich Karl an Kaffee und immer brav nüchtern. Es zahlt sich aus: Immer wenn es eng wird ist Karl da und hält die Sache am Laufen.
„Entweder ist das, was gerade läuft, okay oder es ist nicht okay, und man kann nicht an irgendeinen sinnlosen, vergangenen Kram … denken, nur um sich vom gerade laufenden Geschehen abzulenken, jedenfalls nicht absichtlich, verdammtes Über-Ich aber auch, dachte ich [Karl] und musste lachen.
„Irgendetwas lustig?“, sagte Rosa.
„Ja“ sagte ich.
„Das ist gut“, sagte sie. Ich wurde nicht schlau aus ihr.
"Magical Mystery" ist ein Buch für Partylöwen und Denker, ein Buch für Romantiker und Kleintierfreunde. Ein Buch das man liebt oder eben ganz das Gegenteil. Wobei das müsste dann schon noch mal genauer geklärt werden, so stehen lassen kann man das nicht. Schon allein deshalb, schon allein weil wir alle gern einen Karl Schmidt an unserer Seite hätten.
Wer Herrn Lehmann mochte wird ihn hier dennoch nicht vermissen. Man erinnert sich kurz an ihn, man schmunzelt und schon ist man wieder in der neuen Welt von Karl Schmidt. Eine Welt in der die Grenze zwischen Tiefsinnigem und Irrsinnigem in einer humorvollen Linie verläuft die uns mit Freudentränen des Lachens in den Augen in Fahrtrichtung Hoffnung bugsiert.
[Paul Eisenkirchner]